Das Leuchten des Mondes von Lydia Netzer

Das Leuchten des MondesMit vier Kollegen fliegt Maxon Mann im Auftrag der NASA zum Mond. Durch seine von ihm erschaffenen Roboter Juno und Hera, die so konzipiert sind, dass sie selbstständig weitere Roboter bauen können, soll die Gründung einer Mondkolonie verwirklicht werden. Da der Flug schon vor langer Zeit geplant war, hat er ihn trotz einer zweiten Schwangerschaft seiner Ehefrau Sunny angetreten. Während er zum Mond fliegt, hat Sunny mit dem vierjährigen Sohn Bubber einen Autounfall. Zum Glück wird niemand verletzt, doch Sunnys Leben wird von diesem Tag an auf den Kopf gestellt.

Mit diesen wenigen Zeilen kann die Rahmenhandlung des Romans „Das Leuchten des Mondes“ von Lydia Netzer umschrieben werden. In nicht chronologischer Reihenfolge unterbrechen eigenständige Geschichten den Plot. Diese erzählen davon, wie Sunny im Jahr 1981 mitten in die politisch unsichere Lage einer Militärherrschaft in Birma, dem heutigen Myanmar, geboren wird. Ohne Haare und ohne Wimpern auf die Welt gekommen, gilt sie von Anfang an als anders. Die ersten Jahre verbringt sie in Birma, bevor sie ohne ihren Vater und nur mit ihrer Mutter nach Amerika gelangt.

Aus weiteren Erzählungen erfährt der Leser von Maxons traumatischer Kindheit, Sunnys späterem Ehemann. Wie sie ist auch er anders. Als Wissenschaftler hat er zwar viele Auszeichnungen und einen Nobelpreis erhalten, ist jedoch den einfachsten Dingen des alltäglichen Lebens nicht gewachsen. Vieles muss ihm Sunny anhand von mathematischen Gleichungen plausibel machen, und in seinem Leben wendet er beispielsweise das binäre System an, nach dem Motto Sprechen oder Küssen, ja – nein, an – aus.

In dem Roman „Das Leuchten des Mondes“ bekommt das Paar einen autistisch veranlagten Sohn, der damit ebenfalls aus dem Rahmen fällt. Lydia Netzer beschreibt in eindrucksvollen Szenen die Schwierigkeiten und Sorgen, die Sunny täglich mit Bubber hat. Zusätzlich kümmert sich die Hochschwangere um ihre im Krankenhaus liegende komatöse Mutter, und immer wieder ist von der Beziehung der beiden Frauen die Rede. Gelegentlich wird der rote Faden der eigentlichen Handlung aufgenommen, und die Autorin gibt Fernsehinterviews oder Gespräche der Astronauten mit Houston wieder.

Anfangs fällt es dem Leser schwer, die weit zurückliegenden Ereignisse im Leben der Handlungspersonen einzuordnen und er fragt sich, welchen Sinn diese Ausführungen haben. Doch so sehr ihn diese auch ermüden können, da sie sich immer wieder von der eigentlichen Handlung wegbewegen, so ist er doch am Fortgang des Romans interessiert. Immerhin hat Sunny nach dem Autounfall beschlossen, in Zukunft keine Perücke mehr zu tragen, was ihre Entschlussfähigkeit offensichtlich auch auf weitere Dinge vorangetrieben hat. Die Neugier des Lesers wird geweckt und er will wissen, ob sie ihr Kind zur Welt bringt und natürlich auch, ob die Astronauten nach einem unvorhergesehenen Aufprall eines Meteoroiden ihre Mission erfüllen können. Er muss bereit sein, sich auf das ungewöhnliche Buch mit zwei „anders tickenden“ Protagonisten einzulassen, um völlig in eine zum Teil irrationale Geschichte einzutauchen, die er nicht so schnell vergessen wird.

Das Leuchten des Mondes von Lydia Netzer

Das Leuchten des Mondes
Übersetzung von Astrid Finke
btb Verlag 2019
Taschenbuch
384 Seiten
ISBN 978-3-442-71483-4

Bildquelle: btb Verlag
PGltZyBsb2FkaW5nPSJlYWdlciIgc3JjPSJodHRwczovL3ZnMDQubWV0LnZnd29ydC5kZS9uYS8xZDdhODIxNDExOGU0NDZiOGEzZDBkNDAwNTgxODc5NyIgd2lkdGg9IjEiIGhlaWdodD0iMSIgYWx0PSIiPg==

Teile diesen Beitrag