Emma Carow wurde mit neunzehn Jahren von ihrem Kommilitonen Uwe Marquardt vergewaltigt und hat daraufhin eine polizeiliche Ausbildung eingeschlagen. Heute ist sie Fallanalystin beim LKA Berlin mit dem Spezialgebiet Serientäter. Uwe Marquardt hat eine siebenjährige Haft abgesessen und Emma in einem von ihm veröffentlichten Buch um Verzeihung gebeten. Als sich die beiden in einer Talkshow gegenübersitzen, äußert Emma zur Bestürzung der Moderatorin, dass er wieder vergewaltigen wird.
Von Polizeipräsident Falner erhält Emma den Auftrag, Briefe auf ihre Echtheit zu überprüfen. Dabei handelt es sich scheinbar um Hilferufe von in Polen festgehaltenen und vergewaltigten Frauen. Während die Vizepräsidentin des Verbandes schlesischer Heimatvertriebener glaubt, dass die Frauen von Deutschen entführt werden, die Polen hassen, lassen anonym eingegangene Briefe an die Polizeibehörde Breslau vermuten, dass sich jemand einen Scherz erlaubt. Emma fertigt vorschnell ein Gutachten an, als ihr plötzlich Zweifel kommen. Mit der in Berlin weilenden Chefin der Breslauer Mordkommission Kaja Szymańska fährt sie nach Polen. Mittlerweile steht auch fest, dass den Opfern nach einem Martyrium die Köpfe abgeschlagen worden sind und der Täter vermutlich Pole ist. Emma und ihre Kollegen Sigmar, Felix, Matze und Lutz Bogner, der Leiter des LKA, fragen sich, was die deutschen Frauen nach Polen geführt hat. Sie tauscht sich mit dem Psychologen Nikolai Grotian sowohl über den viele Fragen aufwerfenden Fall aus, als auch über ihre bis heute nicht verarbeitete Vergewaltigung. Unterdessen bedroht Dr. Marburger vom Auswärtigen Amt Emma, die offensichtlich als „Spielball“ benutzt wurde. Auf der Suche nach einer Studentin, die einen weiteren Hilferuf in einem Brief absetzt, geht sie eigene Wege.
Hinter dem Pseudonym Ule Hansen verbirgt sich das Autorenduo Astrid Ule und Eric T. Hansen. Sie haben den Thriller „Blutbuche“ ausschließlich aus Sicht der Ermittler unter Einbeziehung von deren Privatleben geschrieben. Ungewöhnlicherweise wird auf die Perspektiven sowohl der Opfer, als auch deren Peiniger völlig verzichtet. Der raffinierte Plot überzeugt mit einer Menge Hintergrundwissen, für die eingehende Recherchen unverzichtbar waren. So wird ausführlich eine Bombenentschärfung thematisiert und vertiefend über die Unterschiede zwischen Transvestiten und Transgendern informiert, die sich einer Geschlechtsumwandlung unterziehen, wobei deren anerzogenes Gedankengut hinterfragt wird. In diesem Zusammenhang wird auch über Epithesen aufgeklärt, eine Sonderanfertigung von Penis und Hoden aus Silikon, die mittels Spezialkleber auf der Haut eines Transgenders befestigt wird und nicht mit einem Dildo verwechselt werden darf.
Indem das Autorenduo Ule Hansen reale Serienmörder wie den Winnenden-Amokläufer Tim Kretschmer von 2009 oder Patty Hearst in den Plot einbaut, die von dem Stockholm-Syndrom befallen im Jahr 1974 für ihren Entführer sogar Banküberfälle beging, erzeugen sie Authentizität. Der durchweg flüssige Schreibstil nennt teilweise lediglich den Namen des Erzählers und verzichtet auf die begleitenden Verben wie sagt oder fragt. Wie selbstverständlich sitzen die Ermittler beim Frühstück in einer privaten Wohnung und unterhalten sich über die Praktiken, die zur Abtrennung der Köpfe geführt haben könnten. Die Methoden der Fallanalystin Emma, die sich in die Lage der Opfer versetzt, muten im positiven Sinn übersinnlich an. Wer bei dem Thriller „Blutbuche“ in erster Linie ein voyeuristisches „Gemetzel“ erwartet, liegt bei dem intelligent konstruierten und zunehmend auf Spannung setzenden Werk falsch. Denn darin beweisen die Profis Astrid Ule und Eric T. Hansen, dass sie ihr Handwerk verstehen!