Paul Morris steht mit zweiundvierzig Jahren vor dem Nichts: Sein letzter Roman wurde abgelehnt, er verfügt über keine finanziellen Reserven und die großzügige Wohnung in Berlin, in der er wohnt, ist ihm lediglich überlassen worden. Zufällig trifft Paul auf seinen alten Studienfreund Andrew Hopkins, der es als Rechtsanwalt zu gesellschaftlichem Ansehen gebracht hat. Um Paul seine Frau Tina und die beiden Kinder vorzustellen, lädt er seinen Freund zum Essen ein. Auch Alice, die vor elf Jahren ihren Mann verloren hat und ihre drei Kinder alleine erzieht, ist bei dem Essen zugegen. Gemeinsam erinnern sie sich an einen zehn Jahre zurückliegenden Urlaub auf der griechischen Insel Pyros.
Um bei der vermögenden Alice Eindruck zu schinden, lädt Paul sie in seine Wohnung ein, die er allerdings in Kürze räumen muss. Er umwirbt sie in der Hoffnung, das Zimmer ihrer ältesten Tochter beziehen zu können, wenn diese ihr Studium aufnimmt. Paul gibt sich in ihrer Gegenwart spendabel und behauptet, von seiner Lektorin ein großzügiges Angebot erhalten zu haben. Seine Rechnung geht auf, als Alice ihn in ihr Haus auf Pyros einlädt. Natürlich sind auch Andrew mit seiner Familie und die Kinder von Alice dabei. Doch für Alice steht das Verschwinden von Jasmine Hurley im Vordergrund, die bei dem gemeinsamen Urlaub der Gruppe vor zehn Jahren verschwunden ist. Bisher fehlt von ihr jede Spur und Alice ist von dem Gedanken besessen, Jasmine auf der Insel zu finden.
Der Protagonist in dem Roman „Die Hochstapler“ von Sabine Durrant erzählt in der Ich-Form, weshalb seine Ausführungen den größten Teil der Geschichte in Anspruch nehmen. In wenigen Zeilen erfährt der Leser schon frühzeitig, dass Paul im Gefängnis einsitzt, was natürlich neugierig auf den weiteren Verlauf der Handlung und insbesondere auf die Ereignisse macht, die dazu führen. Die Autorin macht von Anfang an deutlich, dass Paul ein Frauenheld ist, für den Bettgeschichten von jeher dazu gehörten und der bei jeder noch so unpassenden Gelegenheit nur an das Eine denkt.
Als die Reisegruppe zu der fiktiven Insel Pyros aufbricht, muss sich Paul wegen seines chronischen Geldmangels immer neue Lügen ausdenken. Mit der Zeit empfindet er tatsächlich etwas für Alice, und aus Eifersucht beobachtet er sie und Andrew. Ihm fallen dabei Widersprüche und Ungereimtheiten auf, doch will er unbedingt Alice imponieren und behält seine Beobachtungen für sich. Dass Lügen kurze Beine haben, merkt er erst, als ihm Lieutenant Gavras ein paar Fragen im Zusammenhang mit einer vergewaltigten und tot aufgefundenen jungen Frau stellt. Der Leser ahnt nicht, wohin die Reise geht. Stattdessen fragt er sich, warum die Autorin das eine oder andere Detail überhaupt erwähnt hat. Doch wird ihm das später klar, als der Plot eine ungeahnte Wendung erfährt, der harmlos beginnende Roman „Die Hochstapler“ immer mehr einem Krimi ähnelt und schließlich alle Merkmale eines Psychothrillers aufweist.
Die Hochstapler von Sabine Durrant
Übersetzung von Karin Dufner
Penguin Verlag 2017
Broschur
400 Seiten
ISBN 978-3-328-10175-8