Die Sehnsuchtsfalle von Hera Lind

Die SehnsuchtsfalleMit achtzehn Jahren lernt die Gymnasiastin Rita den aus Ghana stammenden Tony kennen und lieben. Doch nach seinem Studium muss er zurück in sein Heimatland und rät ihr, als sie ein Kind erwartet, zur Abtreibung. Obwohl Rita keine Unterstützung seitens ihrer Familie zu erwarten hat, bekommt sie ihren Sohn Benni und nimmt jede Arbeit an, um sich über Wasser zu halten. Sie entschließt sich zur Auswanderung nach Spanien, eröffnet dort eine kleine Bar und hofft, in der neuen Bekanntschaft mit dem Nigerianer Raymond einen Vater für ihren kleinen Benni zu finden. Vierzehn Jahre später steht plötzlich ihre große Liebe Tony vor ihr. Sie schmieden Heiratspläne und sind beide überglücklich, bis Rita die Nachricht von seinem tödlichen Autounfall ereilt.

Wenig später behauptet Raymond, Tony sei in eine „Rauschgiftsache“ verwickelt gewesen und hätte seinen Tod nur vorgetäuscht. Angeblich würde er in Sáo Paulo leben, wo Rita auf einen Anruf seines Bruders warten sollte. Sie klammert sich an die Hoffnung, dass Tony noch lebt, lässt Benni notgedrungen bei Raymond zurück und fliegt nach Brasilien, wo sich tatsächlich jemand bei ihr meldet. Längst hat sie gemerkt, dass sie in eine Falle getappt ist, denn sie soll ein Paket nach Amsterdam liefern. Weigert sie sich, müsste ihr Sohn dafür büßen. Am Flughafen wird sie verhaftet und ohne Urteil ins Gefängnis geworfen, wo sie jeglicher Menschenwürde beraubt wird. Auf Hilfe durch das deutsche Konsulat hofft sie vergeblich und sorgt sich darüber hinaus auch noch um ihren heranwachsenden Sohn, von dem sie nichts hört.

Hera Lind hat den Roman „Die Sehnsuchtsfalle“ nach den ihr überlassenen Manuskripten geschrieben, wobei sie sich allerdings die Freiheit genommen hat, die Geschichte verkaufsfördernd umzusetzen, so dass nur Teile mit der Biographie der „realen Rita“ übereinstimmen. Was diese tatsächlich erlebt und durchlitten hat, bleibt Spekulation. Doch wenn man der Autorin unterstellt, dass sie zumindest in wesentlichen Punkten, wie die katastrophalen Haftbedingungen in Brasilien, um eine authentische Wiedergabe bemüht war, dann lassen die den Leser betroffen zurück. Nach den Schilderungen kennen die Wärter keine Gnade, die Häftlinge müssen lange ohne Essen und Trinken bei Kälte ausharren, auf kotbeschmutzten Matratzen auf dem Boden neben einem Loch für die Notdurft schlafen und korrupte Anwälte sind mehr auf ihren eigenen Vorteil bedacht.

Der Roman beginnt mit Ritas Entscheidung, nach Sáo Paulo zu reisen. Es folgt ein Rückblick, als sie von der Polizei die Nachricht vom Unfall ihres geliebten Tony erhält, und im Folgenden wechselt die Erzählung jeweils zwischen dem aktuellen Geschehen nach ihrer Ankunft in Brasilien und ihrem vorangegangen Leben, als sie mit achtzehn Jahren ihre große Liebe Tony trifft. Hat der Leser zu Beginn das Gefühl, dass Rita eine völlig naive und dumme Person ist, indem sie den Worten Raymonds Glauben schenkt und tatsächlich an sein Märchen glaubt, Tony in Sáo Paulo anzutreffen, wo sie sich auch noch mit einem dubiosen Mann, einem angeblichen Bruder trifft, so wird im weiteren Verlauf deutlich, wie sie durch ihre Lebenserfahrungen anscheinend völlig den Blick für die Realität verloren hat. Als sie schließlich ohne jegliche Hoffnung mit den rauhen Sitten in den brasilianischen Gefängnissen konfrontiert wird, das Konsulat nichts für sie tut und ihre Anwälte sie um ihr angespartes Vermögen bringen, sieht sie einen Hungerstreik oder Suizid als letzten Ausweg. Es mag sein, dass es Hera Lind gut versteht, auf die Tränendrüsen ihrer Leser zu drücken, weshalb ihre Protagonistin wiederholt ihr Schicksal bejammert. Aber der doch zutiefst erschütternde und bewegende Roman „Die Sehnsuchtsfalle“ mit den interessanten von ihr geschaffenen Übergängen zwischen den Zeitsprüngen machen trotz Vorhersehbarkeit neugierig auf den weiteren Verlauf der Handlung.

Die Sehnsuchtsfalle von Hera Lind

Die Sehnsuchtsfalle
Diana Verlag 2016
Taschenbuch
416 Seiten
ISBN 978-3-453-35783-9

Bildquelle: Diana Verlag
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