Der Riese, der mit dem Regen kam von Stefan Boonen

Der Riese, der mit dem Regen kamStefan Boonen erzählt in seinem Kinderbuch „Der Riese, der mit dem Regen kam“ die Geschichte des neunjährigen Albert, der mit seiner Mutter und fünf Schwestern in einem Sommerhochhaus wohnt. Wegen der dünnen Wände ist es in dem vom Einsturz gefährdenden Haus recht geräuschvoll. Albert führt dort ein tristes Leben und klagt besonders in diesen Sommerferien über Langeweile. Seiner Mutter bedeutet er nichts, und einer Mieterin, die ihren Hund regelmäßig aus der neunten Etage in einen Teich landen lässt, schimpft ihn einen Rotzbengel. Doch eines Tages zieht Kalinda mit ihrer Mutter und dessen Freund in das Hochhaus ein. Sie hoffen, nur ein paar Monate hier wohnen zu müssen, bevor sie eine bessere Bleibe gefunden haben. Auch Kalinda ist den ganzen Tag über allein und freundet sich mit Albert an.

Eines Nachts glaubt jeder für sich, einen Riesen gesehen zu haben. Am nächsten Tag beschließen sie, den Riesen zu suchen. Pjiep, so nennt er sich, kommt aus der Innenwelt und darf in der Außenwelt eigentlich gar nicht mit Menschen in Kontakt treten. Als der Riese über Schmerzen klagt, holen die Kinder einen Arzt, dem schnell klar ist, dass Pjiep an Heimweh leidet. Doch das ist nicht das einzige Problem, um das sich Albert und Kalinda Sorgen machen. Allen Mietern wurde gekündigt und das marode Sommerhochhaus soll abgerissen werden. Kalinda wird wegziehen, während Alberts Mutter mit seinen Schwestern in eine viel zu kleine Wohnung einziehen wird, die für ihn keinen Platz lässt. Zu allem Überfluss ist ein gewaltiger Sturm im Anmarsch, der das Hochhaus in eine gefährliche Schieflage geraten lässt.

Die ersten zwei Seiten des Kinderbuches „Der Riese, der mit dem Regen kam“ irritieren zunächst, denn dem Leser ist noch nicht klar, dass ein sich bewegender Felsbrocken das Auftauchen eines Riesen bedeutet. Das folgende Kapitel beginnt mit einem vom Himmel fallenden Hund, was ebenfalls befremdlich anmutet. Überhaupt ist vieles in der Geschichte von Stefan Boonen ungewöhnlich, denn üblicherweise wird zumindest in Kinderbüchern von der Liebe einer Mutter zu ihrem Kind gesprochen und nicht davon, dass die Mutter von Albert ihn sogar in ein Heim geben will, weil er ihr egal ist. Unverhohlen schreibt der Autor auch von Geldsorgen der Erwachsenen, die zu Streitereien und Trennungen führen können und davon, dass Eltern sich wochentags wegen der Arbeit nicht um ihre Kinder kümmern können und am Wochenende auch nicht, weil sie dann zu müde sind.

Stefan Boonen facht die Neugier auf den Fortgang der Geschichte an, indem er Dinge vorwegnimmt, die der junge Leser im Gegensatz zum Protagonisten schon weiß. Er bedient sich bildhafter Vergleiche wie etwa einem Bart, der wie ein explodierter Dschungel aussieht oder Träume, die den Kopf von innen jucken lassen, was recht amüsant klingt, und auch etlicher Redewendungen wie „vor die Hunde gehen“ oder „Löcher in den Bauch fragen“, womit er beim Leser sicher punkten kann und den Plot belebt.

Von dem Sommerhochhaus, das von Tom Schoonooghe neben anderen Darstellungen illustriert wurde, ist lediglich bekannt, dass es auf der Revolutionsstraße steht, was auch kein gängiger Straßenname für ein Kinderbuch sein dürfte. Der Verlag empfiehlt das Buch ab einem Alter von acht Jahren, wobei es wirklich nur in die Hände von Kindern gelangen sollte, die selbst nicht so ein trostloses und ungeliebtes Dasein wie Albert führen. Obwohl sich Albert und Kalinda ewige Freundschaft geschworen haben, erwartet ihn letztlich eine ungewisse Zukunft in der Innenwelt bei den Riesen, über die nichts bekannt ist. „Der Riese, der mit dem Regen kam“ ist ein neugierig machendes, aber auch bedrückendes und auf manches Kind beklemmend wirkendes Buch.

Der Riese, der mit dem Regen kam von Stefan Boonen

Der Riese, der mit dem Regen kam
Übersetzung von Andrea Kluitmann
S. Fischer Verlag 2016
Hardcover
254 Seiten
ISBN 978-3-7373-5178-2

Bildquelle: S. Fischer Verlag
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