Der Proband von Guido Kniesel

Der ProbandVor über einem Jahr hat sich die Frau von Paul Amon mitsamt der 6-jährigen Tochter auf und davon gemacht. Die Alkoholexzesse ihres Mannes wollte sie sich und der Kleinen nicht länger zumuten. Bis heute hat es Paul einfach nicht geschafft, davon loszukommen. Auch jetzt sitzt er wieder in seiner Lieblingskneipe. Er hat eine Verletzung am Kopf und kann sich nicht erinnern, woher sie rührt. Doch es tauchen immer diese bruchstückhaften Erinnerungen an ein Mädchen in Todesangst auf. Erst, als Paul eine Unterhaltung der anderen Gäste aufschnappt, nimmt sein Verdacht immer konkretere Formen an. Ein junges Mädchen soll auf offener Straße vergewaltigt worden sein. Zum Glück hat der Täter von seinem Opfer gelassen, weil ihm jemand einen Schlag auf den Hinterkopf verpasst hat. So erklärt sich also seine Verletzung! Es passt alles zusammen. Er hat einen Filmriss und kann sich an nichts mehr erinnern. So weit ist es mit ihm schon gekommen? Dass er Mädchen vergewaltigt? Er muss etwas unternehmen, es kann und darf so nicht weitergehen.

Paul meldet sich auf ein Inserat, in dem eine dauerhafte Heilung der Alkohol- und Nikotinsucht versprochen wird. Damit wird er „Der Proband“ in Guido Kniesels Thriller. Unter der Leitung von Prof. Richter arbeiten Dr. Peter Kalinski, Dr. Ramona Gallis und Frank Reichenau seit nunmehr zehn Jahren an einer Therapie, die Menschen von ihren Süchten befreien soll. Obwohl Versuche an Schimpansen illegal sind, halten sie die Tiere zu Versuchszwecken. Die Wissenschaftler verändern ihre Neuronenverbindungen, brechen die vorhandenen Strukturen auf und verändern sie so, dass negative Gefühle mit der Sucht assoziiert werden. Die Versuchsreihen an den Primaten reichen ihnen aber nicht aus. Etwas passt noch nicht, denn nach einiger Zeit bringen sich alle selbst auf bestialische Weise um. Es muss sich um eine Fehlsteuerung im Dopamin-Stoffwechsel handeln, die nach ein paar Wochen zu Halluzinationen und Wahnvorstellungen führt. Die Testreihe muss an einem Menschen fortgesetzt werden, der nach seinem Zustand befragt werden und antworten kann. Paul ist das ideale Objekt dafür. Nach anfänglichem Zögern willigt er in die Behandlung ein. Zunächst fühlt sich Paul gut, ist von seiner Alkohol- und Zigarettensucht befreit und stattdessen joggt und liest er. Zu seiner Freude hat er sogar wieder Kontakt zu seiner Frau und seinem Kind. Doch dann wird er von unerträglichen Schmerzen geschüttelt und hört Stimmen.

Guido Kniesel lässt die Spannung in „Der Proband“ nicht langsam bis zum Höhepunkt ansteigen, sondern setzt damit sofort auf der ersten Seite an. Der Leser erfährt nur eine kurze Erholungspause, als der Autor von den neuesten Ergebnissen der Gehirnforschung doziert, Verbindungen der Synapsen erklärt oder wie das Gehirn Illusionen konstruiert. Die informativen Ausführungen hierzu sind jedoch nicht langatmig und werden dem Leser in Form einer Unterhaltung näher gebracht. Einzig und allein eine Szene im Zusammenhang mit der Kontrollierbarkeit eines Heroinrausches wirkt etwas unglaubwürdig. Vorsicht! Dieser Thriller hat auch Suchtpotential und man kann ihn nicht mehr aus der Hand legen.

Der Proband von Guido Kniesel

Der Proband
KBV Verlag 2011
Broschur
272 Seiten
ISBN 978-3-942-44629-7

Bildquelle: KBV Verlag
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